Dorf-Chronik Seite 38




Die als „Zuckerrübenbahn“ bekannte Kleinbahn von Mügeln nach Döbeln war die damals lang ersehnte Anbindung des landwirtschaftlichen Hinterlandes an die Städte und eröffnete mit ihrer Inbetriebnahme weitere, wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten, vor allem hinsichtlich der Kalkwerke, sowie der landwirtschaftlichen Erzeugnisse.

Die erste Teilstrecke zwischen Mügeln und Großbauchlitz wurde am 15.09.1884 für den Güterverkehr freigegeben. Kurz darauf erfolgte die Freigabe derselben Strecke für den Personenverkehr am 31.10.1884. Schon am darauffolgenden Tag, am 01.11.1884, konnte die Schmalspurbahn bis zum Hauptbahnhof Döbeln durchfahren.

Die Gesamtlänge der Strecke Döbeln Hbf bis Mügeln betrug 19,8 km. Das Streckennetz wurde als Schmalspurbahn mit einem Schienenabstand von 750 mm gebaut, so dass auf dieser Strecke keine normalen Eisenbahnwagen ohne Rollwagen gefahren werden konnten. An der Strecke befanden sich insgesamt 3 Bahnhöfe und weitere 14 Haltestellen, Haltepunkte, Agenturen und Ladestellen. Auf den Haltestellen war teilweise eine Agentur vorhanden, wo die Fahrkarten gekauft werden konnten. Dies betraf auch unsere Haltestelle in Mockritz – Jeßnitz mit dem Gasthof Gruhle in Jeßnitz, wo vom Bahnhofswirt Fahrkarten verkauft wurden. Weitere Haltestellen und Haltepunkte waren in Döschütz, Gadewitz, Gärtitz und Döbeln Nord (Großbauchlitz). In Richtung Mügeln hielt die Kleinbahn in Tronitz, Zaschwitz, Töllschütz (Kiebitz), Schrebitz, Schrebitz Nord, Lüttewitz und Mügeln. Die Personenzüge verkehrten anfangs 4 mal täglich von Mügeln nach Döbeln und zurück.

Die Fahrkarte der letzten Fahrt am 14.12.1964
Die Fahrkarte der letzten Fahrt am 14.12.1964

Auf der Strecke von Mockritz – Jeßnitz bis Döbeln Hbf kosteten 8,6 km ganze 80 Pfennige. Darüber hinaus konnten Schüler auf Schülerwochen oder –monatskarten ermäßigt fahren, ganz gleich wie viel Züge benutzt wurden. Gleiche ermäßigte Wochenkarten zu einem Preis von 1,60 DM pro Woche.

Da zur Zeit der Kleinbahn wenig Autos und Motorräder unter der Bevölkerung gab und Autobusse nicht zur Verfügung standen, waren Arbeiter, Angestellte und Schüler, die in die Kreisstadt Döbeln arbeiteten, auf die Schmalspurbahn angewiesen. So waren die Personenzüge, speziell in den Wintermonaten, sehr voll und überfüllt. In den Sommermonaten fuhren viele Werktätige mit dem Fahrrad und später mit Mopeds und Motorrädern zur Arbeit.

An der Haltestelle Tronitz hält der Zug in Richtung Mügeln
Der Zug hält an der Haltestelle Tronitz

Die Personenzüge wurden in Mügeln oder Döbeln Hbf zusammengestellt. Von Döbeln Hbf bis Gärtitz waren der Mügelner und der Lommatzscher Zug zusammengekoppelt, so dass bei Nichtbeachtung der Reihenfolge, fremde Personen oft in den verkehrten Zug einstiegen und damit das eigentliche Reiseziel verfehlten.

Der Fahrplan
Der Fahrplan

Die Züge fuhren zum größten Teil als 3.Klasse und mit Holzbänken, aber teilweise wurde auch ein Abteil der 2.Klasse mitgeführt. Gebremst wurden die Wagen durch einen Leinenwagen von der Lokomotive oder vom Schaffnerwagen aus. Jeder Wagen hatte vorn und hinten eine Plattform zum Ein- und Aussteigen. Der Schaffnerwagen diente gleichzeitig zur Beförderung von Expressgut. Beheizt wurden die Wagen damals mit einem "Hunt- oder Späneofen“ mit Kohle- oder Holzfeuerung. Bei unzureichender Wärme in den Abteilen haben die Fahrgäste zur Selbsthilfe gegriffen und selbst geheizt. Dabei haben sie in der Bimmelbahn so manchen Spaß erlebt. Der Name „Bimmelbahn“ deshalb, weil kurz vor jeder Haltestelle die kleine Dampflokomotive bimmelte und läutete. Die Strecke von Döbeln Hbf bis Mockritz – Jeßnitz konnte ohne große Schwierigkeiten von der „Lok“ überwunden werden, da nur geringfügige Steigungen zu überwinden waren. Dagegen musste der Heizer auf der Lok kräftig anlegen, um mit viel Dampf die Steigung von Mockritz – Jeßnitz nach Tronitz zu bezwingen. Auf Grund der ernormen Steigung fuhr der Zug so langsam, dass man aussteigen und nebenherlaufen konnte. Der Ausspruch: „Blumenpflücken während der Fahrt verboten“, fand hier seine volle Berechtigung. Die Fahrtzeit von Mockritz – Jeßnitz bis Döbeln Hbf betrug ca. 45 Minuten.



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