Dorf-Chronik Seite 39




Wie eingangs schon erwähnt, diente die Kleinbahn nicht nur zur Personenbeförderung, sondern ebenso wichtig war der Güterverkehr. Vorwiegend wurden auf den einzelnen Haltestellen landwirtschaftliche Produkte, wie Zuckerrüben, Kartoffeln, Zuckerschnitzel, Düngemittel und Baustoffe ver- und entladen. Aber nicht im geringeren Umfang wurden Briketts und Rohkohle zur Brennstoffversorgung der Bevölkerung des Handels und der Landwirtschaft befördert und ausgeladen.

Die Zuckerrüben wurden direkt an die Zuckerfabrik Döbeln mit offenen Schmalspurwaggons angeliefert. Dagegen konnten die Kohlenwagen mit Normalspur infolge der kleineren Spurweite der Schienen von nur 750 mm nicht direkt befördert werden. Diese wurden in Gärtitz auf Rollwagen der Kleinbahn aufgebockt. So war es möglich, ganze Kohlenzüge zusammenzustellen und die Ortschaften zwischen Döbeln und Mügeln mit Kohlen zu beliefern. Der Gastwirt Gruhle, Hermann in Jeßnitz, der Kohlehandel betrieb, hatte sich zur Erleichterung der Kohleentladung ein Anschlussgleis in sein Grundstück legen lassen. Die Fahrzeiten dieser Güterzüge waren sehr unterschiedlich. Je nach Anzahl der Waggongs, die auf den einzelnen Haltestellen bereitzustellen oder wieder neu anzunehmen waren, richtete sich die Fahrzeit. Die Hauptbelastung des Gütertransports lag in den Monaten der Erntezeit, die sich teilweise bis in den Monat Dezember hinzog.

Hermann Gruhle vom Gasthof Jeßnitz mit der Besatzung des Güterzuges 99543
Güterzug 99543

Da in der Winterperiode die Fahrzeit nicht so eingehalten werden mussten, machte das Zugpersonal oft einen Zwischenhalt in Mockritz – Jeßnitz. An einem frostigen Winterabend hatte sich folgende Episode ergeben: Der Lokführer und der Heizer hatten die Aufgabe, die Lok eines Güterzuges abends zum Depot des Schmalspurbahnhofes in Mügeln zu fahren. Infolge der herrschenden Kälte zu dieser Jahreszeit, hielten sie in Mockritz – Jeßnitz an, um sich mit einem warmen Getränk in der Gaststätte Gruhle aufzuwärmen. Der Aufenthalt hatte sich aber mittlerweile auf eine längere Zeit ausgedehnt, so dass der strenge Frost dem Zugpersonal ein Schnippchen schlagen konnte. Als das Personal die Fahrt fortsetzen wollten, drehte sich kein Rad der Lok mehr. Die Eisenräder waren angefroren. Erst mit Brechstangen mussten die Räder wieder manuell gelöst werden, um weiterfahren zu können.

Amtliche Bekanntmachung der letzten Fahrt
Amtliche Bekanntmachung der letzten Fahrt

Eine weitere Episode die sich in Gadewitz zugetragen hatte, weiß Herr Herbert Lindner zu berichten. Als sich eines Tages der Zug zur Haltestelle Gadewitz recht schnaufend näherte, klingelte das Telefon bei Lindners. Vom Bahnhof Gärtitz meldete sich eine aufgeregte Stimme und verlangte: „Else (Frau Lindner) halte den Zug an, die haben den Zugführer und den Schaffner hier auf dem Bahnhof stehen gelassen.“ Sie hielt den Zug an und berichtete dem Lokführer, was geschehen war. Er legte den Rückwärtsgang ein, holte die beiden Zurückgebliebenen vom Bahnhof Gärtitz, um danach die Fahrt in Richtung Döschütz fortzusetzen. Bis zu den Jahren 1964 bzw. 1968 war die Schmalspurbahn als wichtigstes Transportmittel in unserem Territorium zu jeder Zeit einsatzbereit.

Die Haltestelle Mockritz - Jeßnitz, aber ohne Wartehäuschen
Die Haltestelle Mockritz - Jeßnitz

Durch die Festlegung der damaligen Räte des Kreises Döbeln und Oschatz, dem VEB Kraftverkehr und dem Reichsbahnamt Dresden wurde der gesamte Personen-, Güter- und Expressgutverkehr der Deutschen Reichsbahn auf der Strecke Döbeln – Mügeln ab dem 14.12.1964 eingestellt. Die Reisenden wurden gebeten, anstatt der ausfallenden Züge, die einzusetzenden Linienbusse des VEB Kraftverkehr zwischen Mügeln und Döbeln zu benutzen. So verkehrte der Personenzug auf dieser Strecke letztmalig am 14.12.1964. Der Güterverkehr wurde bis zum Jahre 1968 von der Schmalspurbahn weiter übernommen. Erst am 01.10.1968 wurde der Güterverkehr auf der gesamten Strecke eingestellt. In den Jahren 1968 bis 1970 wurde infolge des maroden Überbaues der Gleisanlage, die Gleisanlage abgebaut.



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